Wilde Mischung

Freshlyground spielten eines der mitreißendsten Konzerte der Kulturarena

Von Louisa Reichstetter

Foto: Akrützel/Louisa Reichstetter

Der Erfolg von Freshlyground liegt, so könnte man den Eindruck haben, vor allem an einer politisch korrekten Zusammensetzung der Musiker: Eine dunkelhäutige Sängerin, die aus einem Dorf nach Kapstadt kam und deren Muttersprache Xhosa ist, eine Geigerin mit englischen Vorfahren, ein jüdischer Pianist, ein Gitarrist aus Mozambique, ein Flötist aus Zimbabwe – alle vier in den Zwanzigern – werden durch zwei prominente Veteranen des südafrikanischen Popgeschäfts an Bass und Schlagzeug komplettiert.

Doch Freshlyground ist keine gecastete Band, deren Erfolg vorprogrammiert wäre. 2002 in Kapstadt zufällig gegründet (Sängerin Zolani Mahola studierte eigentlich Schauspiel und trat nur aus Quatsch an jenem Abend ans Mikrofon), waren sie bereits 2005 in ihrer Heimat so bekannt, dass mehrere 10.000 Menschen zu einem Konzert wollten, zu dem aber nur 8.000 konnten. Noch heute wird die Band in Interviews auf den Abend angesprochen, an dem der Verkehr der Millionenstadt teilweise zusammenbrach.

Wer am 15. August in die Kulturarena kam, weil er die beiden Alben der Band kannte, der dürfte vom Konzert überwältigt worden sein: Die Alben sind voller gepflegtem Afro-Folk-Pop mit guten, teils politischen Texten, wenn sie Englisch sind, exotischer Klangsprache, wenn Zolani Mahola auf Xhosa singt. Doch live entfalten die sieben Afrikaner eine immense Kraft: Die Musik ist so ausgelassen, so afrikanisch, optimistisch und doch wirken die witzigen Einfälle so spontan, als würden sie sie gerade für diesen Abend, für Jena erfinden.

Maholas Stimme ist weich, kratzbürstig und soulig zugleich – gänsehauttreibender als auf den Alben. Mit der frechen Violine und den einfühlsamen Bläsersoli erinnert die Musik live teils an die besten Alben von Van Morrison oder natürlich Paul Simons Graceland-Projekt. Und dass Julio Sigauque eigentlich ein phantastischer Jazzgitarrist ist, entfaltet sich auch erst auf der Bühne und nicht so sehr auf den CDs.

Schließlich aber sind es vor allem auch die wilden und wunderschönen Tanzeinlagen der gesamten Band, die den Abend zu einem der energetischsten Kulturarenaerlebnisse der letzten Jahre werden lassen: Die 1.400 Besucher, die hergefunden hatten (die 1.600, die noch reingepasst hätten, sollten sich spätestens jetzt ärgern, dass sie sich das Konzert haben entgehen lassen!), tanzten unentwegt und sangen einige Fetzen lauthals mit – egal ob politische Texte wie ein Song, der Robert Mugabe als “Chicken” bezeichnet, oder “Pot Belly”, die neue Hymne kurviger Frauen, die die pummelige, aber entwaffnend lächelnde Zolani Mahola ungefähr mit folgenden Worten ankündigte: „Früher stand ich viel vorm Spiegel und habe an mir rumgemeckert. Heute bin ich einfach ich.“

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