Essen für Millionen

Ein Blick in den Kochtopf: Die Abbe-Mensa wird zehn Jahre alt

Von Kristin Haug

72 Kühe pro Semester. Foto: Kristin Haug

8 Uhr: „Wir verarbeiten auch Leichen“, sagt Wolfgang Schubart. Der stellvertretende Küchenleiter der Ernst-Abbe-Mensa erzählt seinen Paradewitz. Er meint natürlich Tierleichen und wenn man über seinen Witz nicht lacht, dann wechselt er schnell das Thema. Schubart sitzt in seinem Büro, weit hinten in der Mensa-Küche, hinter Glaswänden und roten automatischen Schiebetüren, hinter Kellen und Küchengeklirr und einer schwitzenden Heidrun Nowicki. Die teilt gerade das Frühstück aus, klatscht Apfelmus auf Eierkuchen und setzt gekochte Eier in ihre Becher. Die Mensa hat gerade geöffnet und Wolfgang Schubart bestellt am Telefon gefüllte Oliven, Salate und Bananen für die nächsten Tage. Obwohl der Küchenleiter seine weiße Kochmütze trägt, wird er heute nicht kochen, sondern den Arbeitsablauf des Mensa-Teams koordinieren. Eines prophezeit er schon jetzt: „Das Wurstgulasch wird heute der absolute Renner.“
Vor zehn Jahren wurde die Mensa am Abbe-Platz eröffnet. Dreitausend Portionen werden hier von 45 Mitarbeitern täglich ab sieben Uhr zubereitet und verkauft. Zuerst sind Desserts, Salate und Saucen dran, dann Beilagen, zuletzt die Fleisch- und Pfannengerichte. Die Rezepte denkt sich Hans-Jürgen Kirmse aus, der Küchenleiter der Abbe-Mensa. Vier bis fünf verschiedene Gerichte gibt es am Tag. Ein halbes Jahr vorher werden sie geplant und Angebote dafür eingeholt.
10 Uhr: In der Mensa-Küche schwimmen gerade hundert Kartoffelecken in heißem Öl, eine Küchenhilfe verteilt Spinat auf viereckigen Fischfilets, eine andere schneidet Lauchzwiebeln. In einem silbernen Bottich schwimmt ein Schneebesen, der 1,50 Meter lang und zum Umrühren von 130 Litern weißer Sauce bestimmt ist. Die Vorbereitungen für das Mittagessen laufen auf Hochtouren, ab halb elf wird alles in den Ausgabe-Bereich gegeben. Für das Fischgericht sind heute 400 Seehechtfilets, 110 Kilo Blattspinat und 112 Kilo Kartoffelecken geplant. Das Wurstgulasch-Gericht besteht aus 81 Kilo Jagdwurst, 140 Kilo Nudeln und 90 Kilo Weißkohl. Rechnet man den Fleischverbrauch hoch, so kommt man auf bis zu 40 Tonnen Fleisch, die pro Semester gegessen werden. Das sind etwa 72 Kühe.
In seinem Büro beginnt Wolfgang Schubart jetzt von den Tetrapaks zu erzählen, weil das ein Problem ist, das er trotz vieler Beschwerden nicht lösen kann. Seit dem vergangenen Sommersemester gibt es keine Ein-Liter-Paks mehr für einen Euro, sondern nur noch Saft in Flaschen für den dreifachen Preis. Da könne man nichts machen, Anweisung von oben, sagt er. „Die Kritik kommt aber immer zuerst bei uns an.“
In Thüringen gibt es 16 Mensen und 30 Cafeterien, die durch das Studentenwerk Thüringen miteinander vernetzt sind und von diesem betrieben werden. Die Mensen finanzieren sich aus dem Semesterbeitrag, den Essenspreisen und Subventionen vom Staat. Die Cafeterien müssen ihr Essen zum Einkaufspreis anbieten, deswegen kostet die Bockwurst dort mehr als in der Mensa. „Durch die Subventionen vom Land sind wir dazu angehalten immer das Billigste zu kaufen, das angeboten wird“, sagt Schubart.
Seit etwa fünf Jahren gibt es die Einkaufskooperation Ost, der die Studentenwerke der neuen Bundesländer angehören. Um gute Angebote zu erhalten, bestellen diese viele Lebensmittel gemeinsam, erklärt Elke Voß vom Studentenwerk. Wenn die Mensa in Magdeburg also eine Nudelbestellung aufgeben will, dann informiert sie alle anderen studentischen Essensspeisungen und fragt nach, wie viele Nudeln sie abnehmen würden. Durch die größeren Bestellmengen könne man unglaublich am Preis sparen, so Voß.
12 Uhr: Im Abwaschraum steht Marianne Barthel mit einer weißen Schürze und Kappe, die sie mit einer Haarnadel befestigt hat. Sie sortiert das Geschirr in die Spülmaschine, das sich auf grauen Tabletts über die grünen Gummibänder in die Küche schiebt. „Manchmal stapeln die Leute alles aufeinander“, sagt sie. „Das kostet ziemlich viel Zeit beim Einsortieren.“ Barthel wirkt trotz der Fließbandarbeit nicht gestresst. Ein gutes Team seien sie hier, meint Küchenchef Schubart. Die Arbeit funktioniere reibungslos und wenn mal jemand krank wird, könne er sich auf die anderen verlassen.
Um 14 Uhr ist der große Ansturm auf die Mensa vorbei. Es gibt nur noch zwei von fünf Essen und Heidrun Nowicki von der Frühstücksausgabe verteilt jetzt Reis und Seehechtfilets. Wurstgulasch gibt es immer noch. Der große Renner? „Ja“, sagt Schubart. Wir mussten 300 Essen davon nachkochen. Aber das sei kein Problem – für Notfälle hätten sie stets Reserven im Kühlhaus. Manchmal steckt eben auch im Mensa-Koch ein Prophet.

Allgemein

Eine Antwort auf Essen für Millionen

  • Wenn es staatlich subventioniert wird, finde ich das Mensa-Essen aber gar nicht soo billig. Die Qualität ist schließlich höchstens mittelprächtig und für 5 Euro kann ich schon woanders essen.

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