Gerichtsmediziner

Wer an seiner Wunschuni keinen Studienplatz erhält, kann sich immer noch einklagen. Außer in Jena, denn die Universität rechnet zu gut.

Von Hanna Seidel

Eine Schülergeneration, die jahrelang die attraktiven, allwissenden Ärzte in „Grey‘s Anatomy“ verfolgt hat, drängt nach dem Schulabschluss und dem obligatorischen Selbstfindungsjahr in Australien auf die begehrten Studienplätze für Humanmedizin, Pharmazie oder Psychologie. Doch für eine Ausbildung zum Gott in Weiß braucht man einen Notendurchschnitt mit einer Eins vor dem Komma. Was tun, wenn es dazu nicht gereicht hat? Sich in sein Wunschstudienfach einklagen zum Beispiel.

„Gerichtsmediziner“ werden die Medizinstudenten abfällig genannt, die sich auf diesem Weg einen Studienplatz ergattern. Ihre Eltern verdienen genug und klagen ihre Zöglinge für ein paar Zerquetschte ein – Beträge bis zu 20.000 Euro sind nicht zu weit hergeholt.

Allein in Jena gehen jährlich 400 bis 450 Klagen bei der Universität ein. „Sie berufen sich auf das Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte im Grundgesetz“, erklärt Danny Hardt vom Rechtsamt der FSU. „Dieses Recht kann jedoch durch eine feste Zulassungszahl eingeschränkt werden, die anhand der verfügbaren Kapazitäten berechnet wird.“ Die Kläger wollen nachweisen, dass falsch gerechnet wurde und an der betreffenden Universität mehr Plätze verfügbar sind. „In Jena waren die Berechnungen aber bisher immer korrekt.“

Sven Lehmann und Pauline Köstner von der studentischen Rechtsberatung Paralegal der FSU erklären, wie diese Klagen funktionieren: „Wenn man bei der Bewerbung schon weiß, dass der Abischnitt nicht ausreicht, kann man sich an einen auf Studienplatzklagen spezialisierten Anwalt wenden. Der weiß dann, an welchen Unis die Kapazitäten in den letzten Jahren typischerweise falsch berechnet wurden.“ Freie Plätze werden aber wieder nach Leistung oder durch Losverfahren vergeben. Auch bei einer Klage besteht daher kein unbedingter Anspruch auf einen Studienplatz.

Auch wenn sich diese Art der Studienplatzvergabe nur Kinder reicher Eltern leisten können, findet Sven: „Plätze einzufordern, die ohnehin noch frei sind, ist zumindest ihr gutes Recht.“

Foto: Frederike Matthäus

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