Rauchzeichen des Protests

Mit verschärften Gesetzen und abschreckenden Bildern auf den Schachteln kämpft die Bundesregierung gegen das Rauchen. Dabei war die Zigarette schon lange dem Tode geweiht. Ein Nachruf und ein Manifest.

Von Bernadette Mittermeier

Amputierte Beine, schwarze Lungen und tote Föten: Diese Bilder sollen laut Bundesregierung zukünftig vom Rauchen abschrecken. Jemand sollte den verantwortlichen Politikern beibringen, dass es sich nicht schickt auf denen herumzutrampeln, die bereits am Boden liegen.
Der Anteil der Raucher geht in Deutschland ohnehin seit Jahren stetig zurück. Noch in unserer Elterngeneration war die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger eine Selbstverständlichkeit, ein Symbol der Lebensqualität. Heute bekommt der Marlboro-Cowboy zu hören: „Geh weg, du schmeckst wie ein Aschenbecher.“
Während Hannah Arendt sich in ihren Vorlesungen noch eine Zigarette an der letzten anzündete, sind inzwischen nicht nur die Seminarräume rauchfrei, sondern auch die WG-Partys. Nur kleine Grüppchen spalten sich wie Ausgestoßene in regelmäßigen Abständen vom Rest ab, um draußen ein paar Züge zu nehmen. Der Rest diskutiert drinnen weiter über veganes Essen und die beste Sport-App.

Seit 1940 sind die Gefahren der Zigarette bekannt, aber erst seit kurzem gilt kein Widerspruch mehr gegen das Gesundheitsdiktum. Nur ein gesunder Mensch ist ein guter Mensch – ein Urteil, das in der Anti-Raucher-Stimmung nur sein harmlosestes Symptom zeigt. Viel schlimmer trifft der Trend zum Beispiel dicke Menschen. Mach gefälligst Sport und lächle dabei, dann geht es dir gleich besser.

Jede Zigarette ist ein kleiner Protest gegen diesen Irrglauben. So rückt die kleine Gruppe in der Raucherecke nur enger zusammen, um sich am sanften Feuer ihrer Glimmstengel die Seele zu wärmen und zu wissen: Ein bisschen cool sind wir noch. Vielleicht trampelt die Regierung mit ihren verschärften Gesetzen also gar nicht auf längst erloschenen Zigarettenstummeln herum, sondern entfacht die Begeisterung für das Rauchen nur aufs Neue.

Foto: Niclas Seydack
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