Unsinn vs. Unsinn

Ausstellung von Reinhard Zabka im Kunsthof

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Passend zu den Kunstwerken ist die Stimmung in der Galerie völlig zwanglos. Foto: André Helbig

Die erste Vermutung ist, jemand habe hier Omas Dachboden geplündert, um ein paar der bizarrsten Fundstücke auseinanderzunehmen und wahllos vermischt wieder zusammenzusetzen.

Der Blick fällt auf einen abgesägten Stumpf eines Weihnachtsbaums, verziert mit einer einsamen Girlande. Daneben stehen und hängen Kombinationen von verschiedenen Gegenständen, unter anderem aus einem Palmwedel, Koffern, abgesägten Pyramiden und einem sich um die eigene Achse drehenden Spazierstock.
Dieser befremdliche Eindruck ist nicht ungewöhnlich bei Kunstobjekten, die dem Dadaismus zuzuordnen sind. Dadaisten protestieren gegen eine als absurd empfundene Welt durch – scheinbar – unsinnige Kunst. „Was wir Dada nennen, ist ein Narrenspiel aus dem Nichts, in das alle höheren Fragen verwickelt sind“, schreibt Mitbegründer Hugo Ball in seinem Manifest.
Die Ausstellung im Kunsthof feiert diese Kunstrichtung im Rahmen der „Dada-Dekade“, einem Projekt zu Ehren des 100. Jubiläums des „Internationalen Kongress der Dadaisten und Konstruktivisten“. Bis 2022 wird in Weimar und Jena jedes Jahr eine „Dadamenta“ mit verschiedenen Ausstellungen und Darbietungen veranstaltet. Im Kunsthof sind bis zum 17. Mai Objekte und Fotocollagen von Reinhard Zabka zu sehen. Dieser protestierte durch seine Werke schon zu DDR-Zeiten gegen jegliche Form der Einschränkung. „DaDa ist das beste Mittel, um Fehler in Systemen durch Ironie zu entlarven“, sagt Nicola Kindler, Pressesprecherin des Kunsthofs.
Der Unwille, sich durch Vorschriften oder Normen hemmen zu lassen, zeigt sich deutlich in den ausgestellten Objekten. Sie sind nicht nur Ausdruck einer Rebellion gegen als ungerecht empfundene Strukturen, sondern richten sich auch gegen die Einengung durch eine publikumsfreundliche Ästhetik. Das erklärt auch die zunächst verstörende Mischung aus zusammengewürfelten Gebilden, blinkenden Lichtern und Geräuschen.
Der Ausstellungsbesucher wird von meditativen Klängen besänftigt, um dann plötzlich durch unrhythmisches Trommeln oder aggressives Klappern aus seiner Trance gerissen zu werden. Entgegen des ersten Anscheins ist die Zusammenstellung keineswegs zufällig. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich Wiederholungen in Formen und Themen. Wer sich auf die Details konzentriert, entdeckt auf einmal spannende Kleinigkeiten.
Besonders fesselnd ist das Werk „Stasi-Poli“. Wie auf einem Spielfeld ist ein Weg aufgemalt. Plattgedrückte Kronkorken erinnern an Aktionsfelder. An jeder Station sind kurze Sätze angebracht: „Sie wurden wegen staatsfeindlicher Hetze verhaftet“, zum Beispiel, oder „Sie besuchen die Umweltbibliothek und werden beschattet“. Auf einmal wirkt das in der Mitte aufgeklebte Foto einer feiernden Gesellschaft zynisch.
Eine eindeutige Moral, eine klare Aussage, bietet allerdings keines der Kunstwerke. Das ist so auch nicht beabsichtigt. „Dadaismus verwirrt und irritiert, regt dadurch aber zum Nachdenken an“, sagt Nicola. Wer sich unvoreingenommen auf die Vielschichtigkeit dieser Ausstellung einlässt, für den lohnt sich dieser Ausflug in die Gedankenwelt des Dadaismus auf jeden Fall.

Bernadette Mittermeier

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