Otto-Dix-Ausstellung in der Orangerie und im Otto-Dix-Haus
Von Nadja Demel
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Otto Dix retrospektiv: Im Vordergrund rechts „Doppelbildnis Dix-Günther“ (1920), links „John Penn“ (1922) und hinten in der Mitte „Selbstbildnis mit Jan“ (1930). |
Foto: Stadtverwaltung Gera
Prüfend schaut der Künstler hinter seiner Staffelei hervor. Sein Gesichtsausdruck ist streng, fast schon grimmig. Sein Blick durchdringt den Beobachter, er wirkt höchst konzentriert – so präsentiert sich Otto Dix auf einem Selbstbildnis aus dem Jahr 1926. Anlässlich seines 120. Geburtstags zeigt seine Heimatstadt Gera Werke aus dem Leben des Künstlers. Die Retrospektive ist auf die Orangerie und das Otto-Dix-Haus, das Geburtshaus des gelernten Dekorationsmalers, verteilt. Der Besucher wird dabei durch alle Schaffensphasen geführt.
Beginnend mit impressionistischen Ölgemälden, zumeist Landschaftsdarstellungen aus den Regionen Gera und Dresden, wo Dix Schüler der Kunstgewerbeschule war, führt die Exposition schnell zu einer seiner größten Leidenschaften: der Porträtkunst. Die unverwechselbare Mischung aus Realismus und Karikatur machte Dix zu einem der bedeutendsten Porträtisten des 20. Jahrhunderts. Mit Kreide, Bleistift und Kohle gab Dix die Erscheinungen seiner Freunde wieder – oftmals höchst kritisch und wenig beschönigend. Anders als bei seinen anfänglichen Werken wandte sich sein Stil in der Porträtkunst deutlich dem Expressionismus zu. Auf Selbstbildnissen zeigte er sich selbstbewusst als Künstler. Der strenge Blick und ein harter Gesichtsausdruck wurden dabei zu seinen Markenzeichen.
Eines der zentralen Themen in Dix‘ Arbeit ist die künstlerische Verarbeitung seiner Erlebnisse im Ersten Weltkrieg. Die Bilder im nächsten Abschnitt der Ausstellung spiegeln durch die Darstellung von Verwundeten, Krüppeln und Leichen die Grausamkeit des Krieges wider. Mit Bleistift und Tusche hielt Dix die Ereignisse dieser Zeit fest; Totenköpfe und blutige Schlachtfelder sind nur einige der düsteren Motive. Auch die Zustände der Nachkriegszeit waren bei ihm Thema. So finden sich bei seinen Werken der 20er Jahre Bildnisse von Kriegsversehrten, Prostituierten, schwangeren Frauen, Menschen in sozialen Randgruppen und Arbeitslosen. Der sozialkritische Anklang in Dix‘ Bildern unterscheidet ihn von den meisten anderen zeitgenössischen Künstlern.
Während der 20er Jahre entstand auch das Monumentalgemälde „Der Schützengraben“, eines der bedeutendsten Kriegsbilder dieser Zeit, das mittlerweile aber verschwunden ist und in Russland vermutet wird. Die Ausstellung in der Orangerie zeigt in einem abgetrennten Raum eine Auswahl weiterer verschollener Bilder auf Leuchttafeln. Zum „entarteten Künstler“ degradiert, musste Dix während der NS-Zeit den Verlust einiger seiner Bilder hinnehmen. Rund 260 seiner Arbeiten wurden beschlagnahmt. Einige wurden verkauft, manche sogar zerstört.
Die Sammlung der Bilder in der Orangerie setzt insbesondere den stilistischen Wandel von Dix‘ Bildern während des Nationalsozialismus in Szene. Der Künstler wandte sich wieder der Landschaftsmalerei zu, nun jedoch mit religiöser Thematik. So malte er 1939, unter Verwendung von altmeisterlichen Techniken, das Abbild vom „Heiligen Christophorus“ für den Besitzer der Köstritzer Schwarzbierbrauerei. Dix erhielt zu dieser Zeit noch immer viele Privataufträge.
Auch während seiner Kriegsgefangenschaft in Frankreich war Otto Dix die Kunst ein inneres Bedürfnis.
Nach seiner Rückkehr wurde sein Stil impulsiver und expressionistischer. In seinen Bildern fanden sich jetzt Trümmer- und Ruinenelemente, wie im Bild „Hiob“ aus dem Jahr 1946. Die gedeckten Farben verbreiten eine gedrückte Stimmung. Das Bild macht das Leid der Kriegsopfer und die Ausmaße der Zerstörung deutlich.
Im Gegensatz zur Ausstellung in der Orangerie thematisiert die Sammlung im Otto-Dix-Haus insbesondere die frühe und späte Landschaftsmalerei. Dort finden sich auch viele Bilder von Gera und der Region. Auch sind Porträts aus den 50er und 60er Jahren zu sehen, eine Zeit, in der Dix‘ Arbeit von Melancholie und politischen Anklängen geprägt ist. Das „Grafische Kabinett“ des Hauses präsentiert zusätzlich 46 gezeichnete Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg.
Die Retrospektive zeigt nicht nur die Werke eines außergewöhnlichen deutschen Malers und Grafikers des 20. Jahrhunderts, sondern führt auch durch das bewegte Leben eines Mannes, der Soldat in zwei Weltkriegen war und viel Leid erfahren musste. Seine stilistische Vielfalt wird in der Schau nicht nur deutlich gemacht, sondern auch im Zusammenhang mit den historischen Hintergründen erläutert.
Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 18. März, immer dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Öffentliche Führungen finden in der Orangerie samstags und sonntags um 14 Uhr und im Otto-Dix-Haus donnerstags um 16 Uhr statt.