Von zwitschernden Gigolos

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein
  • Beitrags-Kommentare:Ein Kommentar

Uni-Professoren und ihre Internet-Auftritte

Von Anna Zimmermann



Traditionelle Trachten sind voll out. Der moderne Prof von Welt gibt sich lieber ausgeflippt und trendy.

Foto: Peyri Herrera / flickr.com

Ein bisschen Selbstdarstellung gehört einfach dazu. Man stolziert herausgeputzt durch die Thulb, rekelt sich im kürzesten Rock mit der angesagtesten Sonnenbrille auf dem Campus und de­signt seine Facebook- und StudiVZ-Profile in liebevoller Kleinarbeit. Mindestens eine Internetseite, die der Selbstdarstellung dient, hat wohl jeder. Sie soll die eigene Persönlichkeit wiedergeben, individuell und hip sein und zeigen, an welchen exotischen Orten man in den letzten Semesterferien am Strand gelegen hat. Diesem Phänomen scheinen auch Dozenten erlegen zu sein.

Meist beinhalten deren Homepages ellenlange Auflistungen der bisherigen Veröffentlichungen und Forschungsschwerpunkte. Diese können zumindest lustig sein, wenn der Betreffende beispielsweise einen Beitrag zu Sellerie im Reallexikon der Germanistischen Altertumskunde verfasste oder zusammen mit einem Kollegen die Kohomologieringe der Gruppen der Ordnung 128 berechnet hat. Allerdings sind das Informationen, mit denen Studenten weniger anfangen können und die eher auf mögliche „Fachbesucher“ der Seite ausgerichtet sind.
Mehr Freude bereiten da Internetauftritte wie der von PD Dr. Christine Römer. Sie lässt an ihren Hobbys teilhaben: englische Rosen und schnelle Autos. Glücklicherweise sind die jeweiligen Steckenpferde sogar verlinkt, sodass sich mir nichts dir nichts eine Gartenlink­sammlung öffnet, auf der die günstigsten Pflanzbedingungen vorgestellt werden. Wenn das nicht sympathisch macht. Dr. Allan Turner teilt seine Passion für „choral music“ mit und Prof. Dr. Klaus Vie­weg zwitschert scheinbar ganz gern mal einen, wie sich aus einem Foto vor idyllischen Weinbergen herauslesen lässt. So viel geben nicht alle Dozenten preis, höchstens noch den Beruf ihres Ehegatten – vielleicht ist es irgendwann einmal nützlich zu wissen, dass Sören Swobodas Frau Lehrerin für Diätassistenz ist.
Doch natürlich ist ein mehr oder weniger spektakulärer Lebenslauf nicht das einzig Interessante. Wahrscheinlich noch eindrucksvoller können die dazugehörigen Fotos sein.
Durchstöbert man die langen Listen von Universitätsmitarbeitern, so lassen sich vielerlei verschiedene Arten und Formen finden: Solche, auf denen die Dozenten ganz geschäftig an ihrem Rechner sitzen, Partyschnappschüsse, Fotos in einer Gletscherspalte, vor einem Heizungsthermostat, von einem Shooting vor einer Wand mit Reclam-Ausgaben (in der Rechtswissenschaftlichen Fakultät durften fast alle Mitarbeiter vor diesem Hintergrund Platz nehmen) und Ablichtungen, in die der Dozent lediglich vor ein solches Bücherregal montiert wurde. Es gibt italienische Gigolos, verführerische Sirenen und nette Onkel mit Schnäuzer. Ob sich der Student dann erschreckt, wenn der Dozent plötzlich im Seminar vor einem steht, hängt ganz davon ab, wie sehr die Lehrperson ihrer Egozentrik verfallen ist und wie nah die Bilder dementsprechend der Realität kommen.
Denn manche Selbstdarsteller hauen ganz schön auf den Putz. Wer nicht genügend Titel oder Qualifikationen hat, investiert so einfach in einen halbwegs guten Fotografen und posiert in ordentlicher Haarmodelmanier vor der Kamera. Dieses Problem hat Prof. Dr. iur. Dr. phil. Dr. iur. h.c. Günter Jerouschek M.A. nicht. Er füllt mit seinen Titeln beinahe ebensoviel Platz wie Prof. Dr. phil. habil., mag. rer. soc. oec. Karl Sierek und schreckt mit so vielen Qualifikationen fast genauso ab wie Stephan Tiesler aus der Wirtschaftsinformatik mit seinen stechenden Vampiraugen. Prof. Gröschner aus der Rechtswissenschaft erscheint daneben regelrecht bescheiden. Links neben seine Biografie setzt er ein Foto von sich und rechts daneben – in genauer Symmetrie – eines von einer Sokratesbüste.
Und hilft auch das schönste Bild und der längste Titel nicht, um den Seiteninhaber angemessen großartig darzustellen, so bleibt immer noch ein extravagantes Layout. Nur Langweiler lassen sich das vom einheitlichen Unidesign diktieren. Auch wenn darunter die Mehrheit der Dozenten in Jena fällt, gibt es vereinzelt unterhaltsame Gegenbeispiele. Während der Internetauftritt der Fakultät für Mathematik und Informatik enttäuschend langweilig ist, bieten die germanistischen Mediävisten zum Beispiel ein Gefühl von Mittelalter und Rittertum. Die Wirtschaftswissenschaftler setzen hinter ihre Namen praktischerweise gleich einen Link zu ihren im Internetbestellparadies Amazon käuflich zu erwerbenden Publikationen.
Die einzige Frage, die sich letztendlich noch stellt, ist, wozu derartige Darstellungen überhaupt dienen. Als Dienst zur Befriedigung der Neugier von Studenten? Zur Rechtfertigung der eigenen wissenschaftlichen Leistungen? Oder einfach nur dem Ergötzen an der eigenen Person? Jedenfalls scheint die Selbstprofilierung im Internet für Dozenten genauso obligatorisch wie es für Studenten selbstverständlich ist, von eben diesen Seiten Lehrmaterialien herunterzuladen. Zumindest der lehrbeauftragte Universitätsmitarbeiter möchte also gesehen werden. Sogar den weniger Internet-Affinen wird die Bedienung leicht gemacht: „Die Menüpunkte werden Sie zum entsprechenden Inhalt führen“, heißt es auf der Startseite Klaus Viewegs.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Leser

    Was ist das bitte für ein Artikel?
    Habt ihr nichts anderes mehr zu tun das ihr auf den Seiten der Uni Dozenten surfen müsst um krampfhaft nach spektakulärem zu suchen?

    Dann auch noch irgendwelche Beleidigungen und Mutmaßungen wie: “zwitschert scheinbar ganz gern mal einen, wie sich aus einem Foto vor idyllischen Weinbergen herauslesen lässt” was soll das? Das ist echt Bild Niveau…traurig.

    Da braucht ihr euch nicht zu wundern wenn irgenwann kein Prof. mehr auch nur einen Funken persönliches preisgibt. Aber stimmt, dann habt ihr ja wieder Stoff für einen Artikel, indem sich darüber erregt wird, dass Uni Dozenten zu unpersönlich sind.

Schreibe einen Kommentar

*