Der Fuchs geht um

E-Learning und Social Distancing offenbaren die Dringlichkeit
von Datenschutz und Friedolin 2.0.

von Luise Vetter

Das Klebeband auf der Laptopkamera ist – neben Zwei-Euro-Münze und Thoska – Teil der Standardausrüstung eines jeden Studierenden – zurzeit mehr denn je. In den letzten Wochen musste die Kamera jedoch öfters freigegeben werden, nicht nur dem eigenen Gesicht, sondern auch einer Vielzahl an E-Learning-Anbietern. Während die Universität bis vor kurzem ihr Material noch hauptsächlich über gemeinschaftlich entwickelte Open-Source-Softwares wie Moodle und Stud.IP zur Verfügung gestellt hat, ist sie mit dem Beginn des Onlinesemesters auch auf kommerzielle Softwares großer Konzerne aus den USA umgestiegen.

Datenschutz in Verruf

Pflaster gegen Datenschutzverletzung.
Foto: Dominik Itzigehl

Freie und offene Softwares (FOSS), deren Quellcode uneingeschränkt einsehbar und die lizenzkostenfrei nutzbar sind, fürchten nun durch Zoom, Microsoft Teams und Co. verdrängt zu werden und mit ihnen auch der bisherige Datenschutz. Die Universität kann keine eigene Datensicherheit bei der Nutzung dieser Softwares gewährleisten und eine Weiterverarbeitung der Daten nicht ausschließen. Vor allem Zoom stand schon aufgrund von Datenverarbeitung in Verruf: Die Firma soll Benutzerdaten mit Facebook geteilt habent. Ein Vertrag zwischen der Universität und dem Software-Anbieter, der sich an europäische Standards hält, soll für mehr Schutz sorgen, gespeichert werden die Daten auf Zoom dennoch.
Aufgrund des Umstiegs auf die Digitale Lehre war der Übergang auf kommerzielle Anbieter mit größeren Kapazitäten für die Universität unentbehrlich, um den Lehrbetrieb online möglichst reibungslos funktionieren zu lassen. Schwierigkeit im Umstieg machten sich jedoch schon zum Semesterbeginn bemerkbar, als die Server des Universitätsrechenzentrums überlastet waren und Moodle nicht aufgerufen werden konnte. Eine Verbindung der deutschen communitygestützten Open-Source-Bildungsplattformen, hinter der Moodle, Stud.IP und andere stehen, drängt deshalb auf rechtliche Bevorzugung, Förderung und Finanzierung, um Unabhängigkeit von kommerziellen Anbietern und marktwirtschaftlichen Entscheidungen sowie Datenschutz und unmittelbare Expertise zu gewährleisten.

EAH geht mit gutem Beispiel voran

Die EAH geht mit gutem Beispiel voran und nutzt einheitlich die freie, offene Software BigBlueButton. An der FSU werden zwar Open-Source-Plattformen vor kommerziellen Alternativen empfohlen, digitale Webkonferenzen finden dennoch hauptsächlich über Zoom statt. Materialien werden weiterhin größtenteils über Moodle bereitgestellt, aber auch die gewohnte digitale Verwaltung an der Universität hat ihre Schwachstellen. Im Zentrum der Kritik steht dabei hauptsächlich Friedolin, das zentrale Organ der Online-Studienverwaltung, das jedoch viele dieser organisatorischen Aufgaben noch immer an andere Anbieter oder die analoge Verwaltung abgeben muss. Seit 2018 wird über eine Nachfolge diskutiert und an dem Vorprojekt HISinOne gearbeitet. Für dieses wurden Anforderungen und Wünsche gesammelt und getestet und im November letzten Jahres der breiten Öffentlichkeit als Friedolin 2.0 präsentiert.

Friedolin 2.0

Das neue System solle unter anderem mit der Bibliothek, dem Mailsystem und den Mensen verbindbar sein, aber auch die Abgabe von Verwaltungsaufträgen, die bis jetzt persönlich erfolgen werden mussten, elektronisch ermöglichen. Vor allem aber solle es schnell und einfach sein und eine benutzerfreundliche Oberfläche für jedes Gerät bieten. Der Konjunktiv hat sich seitdem nicht geändert. Das Projekt befindet sich noch immer im Aufbau, wie genau das Endergebnis aussehen wird, welche Systeme es einbinden wird und welche Funktionen möglich sein werden, ist noch immer unklar. Durch den spontanen Digitalisierungsruck, der mit dem Sommersemester einherging, macht sich die Notwendigkeit eines Friedolin-Nachfolgers jedoch deutlicher denn je.

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