Konferenzen, Kind und Kegel

Familiengründung und Wissenschaft

von Corinna Hofmann

Wer eine Karriere in der Wissenschaft anstrebt, wird wahrscheinlich in der Zeit von Studium, Doktorarbeit oder Postdoc-Phase mit der Entscheidung für oder gegen Kinder konfrontiert. Manche glauben, dass die Wahl zwischen Karriere und Familie eine Entweder-oder-Entscheidung darstellt. Drei Frauen, die sich beiden Herausforderungen gestellt haben, erzählen  hier von ihren Erfahrungen.

Unsicherheit am Anfang der Karriere

„Gerade am Anfang der akademischen Karriere ist man mit einer gewissen Unsicherheit konfrontiert“, erklärt Prof. Giesela Rühl von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Mutter zweier Kindern. Wissenschaftlerinnen müssen oft befristete Verträge und häufige Ortswechsel in Kauf nehmen. Hinzu komme, dass der universitäre Arbeitsmarkt sehr wettbewerbsorientiert und zeitlich fordernd sei. „Wer kinderlos ist und daher mehr Zeit in die Karriere investieren kann, hat auf dem hart umkämpften universitären Arbeitsmarkt einen Vorteil.“ Viele Frauen ließen sich von diesen Verhältnissen abschrecken und entschieden sich für als familienfreundlicher geltende Arbeitsplätze außerhalb der Universität.

Auch Prof. Silke Übelmesser von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät erzählt, dass der Arbeitsalltag zeitlich sehr fordernd sei. Sie habe für ihre zwei Kinder Kita-Plätze und zusätzlich mehrere Babysitter. „Das erfordert viel Organisation und muss manchmal mit Kreativität erkämpft werden.“ So sei es beispielsweise bei ihrem Umzug nach Jena zunächst schwierig gewesen, Kita-Plätze zu bekommen, es habe immer Wartelisten gegeben. In Thüringen habe sie aber noch eine vergleichsweise günstige Situation vorgefunden, da es viele Hortplätze mit langen Öffnungszeiten und wenig Schließzeiten gebe.

Unerlässlich, da sind sich die Befragten einig, ist Unterstützung und Akzeptanz seitens der Universität. Prof. Bärbel Kracke von der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften ist Direktorin der Geschäftsstelle des Instituts für Erziehungswissenschaften und hat zwei Kinder. Sie achtet darauf, dass Sitzungen nicht in den Abendstunden liegen und hat nichts dagegen, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Kinder ab und zu mit zur Arbeit bringen. Aus ihrer Sicht ist es wichtig, dass Zeiten der Kindererziehung nicht als Abwertungskriterium bei Bewerbungen betrachtet werden. Wer sich für die Erziehung seiner Kinder engagiere, solle vom System nicht bestraft werden.

Alle drei Professorinnen sind der Ansicht, dass die Entscheidung für eine Familie für viele angehende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler leichter wäre, wenn die Universitäten dauerhaftere Perspektiven anbieten würden. Mit einem langfristigen Arbeitsvertrag könnten junge Menschen einem Kind stabile Lebensverhältnisse bieten.

„Es gibt Lösungen“

Der Tenor aller Gespräche besteht aber darin, dass Kindererziehung und Karriere durchaus vereinbar seien. „Man darf nicht vergessen, dass man in der Wissenschaft langfristig so frei und selbstbestimmt arbeiten kann wie nur wenige Arbeitnehmer.“, meint Rühl. Als Professorin habe sie keinen Druck von Vorgesetzten und könne sehr selbstbestimmt arbeiten. Unter diesen Umständen ist die Kindererziehung durchaus planbar.

Man müsse seinen Arbeitsalltag entsprechend ausrichten und sich ein Netzwerk schaffen, um die Kinderbetreuung zu organisieren, findet auch. Übelmesser. Die Universität erlaube eine flexible Zeiteinteilung, Rühl sei auf viel Verständnis gestoßen. „Gerade zu Beginn meiner Karriere war die Organisation schwierig und hat erfordert, dass ich Kompromisse eingehe.“ Das verlange viel Durchhaltevermögen, man „müsse dranbleiben“.

Eltern müssen mutig sein und Unterstützung einfordern, rät Kracke. Wichtig sei, dass die Partner mitein­ander sprechen und sich gegenseitig stützen. Kracke betont: „Die Entscheidung für eine Familie muss für Frauen nicht bedeuten, in traditionelle Rollenmuster zu verfallen.“ Bedeutend sei auch die Unterstützung aus dem Arbeitsumfeld. Eltern sollten wagen, die Bedürfnisse der Kinder gegenüber Kollegen und Vorgesetzten zur Sprache zu bringen und in den Arbeitsalltag zu integrieren.

In den Sozialwissenschaften sei es zum Beispiel durchaus üblich, Kinder auch einmal zu einer Konferenz mitzubringen.Entscheidend sei, im eigenen Fachgebiet präsent zu bleiben. Ein langer Rückzug als Hausfrau oder Hausmann ist nicht ratsam.

„Natürlich gibt es Probleme“, sagt auch Prof. Gabriele Beibst, Rektorin der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena zusammen, „aber da muss man sich eben durchkämpfen.“

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