Arbeiter vom Umzugsunternehmen Coriand haben im phyletischen Museum ein Exponat zerstört und danach Uni-Angestellte bedroht. Besitzer Conny Coriand selbst war im Bekanntenkreis des NSU. Die Uni duckt sich weg.
Text und Bild von Götz Wagner
Die Königskrabbe lag zersplittert in der Ecke, als man sie fand. Eigentlich sollten die Umzugshelfer von der Firma Coriand die Krabbe ausdrücklich nicht anfassen, sagt Bernhard Bock, technischer Sammlungsleiter im phyletischen Museum. Irgendwie muss sie trotzdem in der Ecke gelandet sein.
Bock versuchte also, die Situation mit den Arbeitern zu klären. Dummerweise ist die Krabbe nämlich ein Versicherungsfall von mehreren zehntausend Euro. Doch die Situation eskalierte. Ein Arbeiter fing an zu schreien, machte sich groß, drohte und kam Bock gefährlich nah. Auch die Museumsgäste bekamen den Tumult mit.
Bock blieb ruhig, ging herunter und rief beim Umzugsunternehmen an. Eine Weile später folgte der Schreihals und entschuldigte sich. Doch für Bock fing die Geschichte erst an.
Umzugsnazis?
Einige Wochen später soll dann der große Umzug der Uni zum Inselplatz stattfinden – wieder mit Coriand. Am Campus kursieren Flugblätter: “Über den Geschäftsführer Conny Coriand gibt es seit Jahren öffentliche Diskussionen und Berichte über mögliche Verbindungen in das Umfeld der Jenaer Neonazi-Szene und des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU).” Und jetzt sei noch der Vorfall im phyletischen Museum dazu gekommen. “Und dennoch vergibt die Universität weiterhin Aufträge an Coriand”, heißt es auf dem Flyer.
Die anonymen Autoren fordern, dass die Uni Verantwortung für die Sicherheit und Würde ihrer Mitarbeitenden trägt und dass die Auftragsvergabe mit ihren Werten übereinstimmen müsse. Es brauche einen Boykott.
Der Flyer muss Arianne, die Ehefrau Coriands, sehr getroffen haben, denn sie stellt Anzeige gegen Unbekannt und meldet sich bei der OTZ. „Es kommt immer wieder hoch und wir werden es nicht mehr aussitzen”, sagt sie.
Conny Coriand war zwar nicht beteiligt an den elf Morden des NSU. Befreundet war er aber mit Ralf Wohlleben, dem wichtigsten NSU-Unterstützer, der auch die Tatwaffen besorgte.
1998 bat Wohlleben Coriand, ein kaputtes Auto abzuholen. Wie sich später herausstellte, handelte es sich dabei um das Fluchtauto des NSU.
Wie viel Coriand über den NSU wusste, wird man wohl nie herausfinden können. Fakt ist aber, dass er sich mehrere Male nach dem Verbleib des Trios erkundigte. Und in seinem Unternehmen beschäftigt er bis heute mindestens eine Person, die auch im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum NSU genannt wurde.
Der gute Unternehmer
„Bei mir gibt es kein links oder rechts – es gibt nur geradeaus“, sagt Coriand der OTZ. Ein Teil seines ehemaligen Bekanntenkreises habe sich für Politik interessiert und der andere für Mopeds. Er sagt, es gebe nichts, für das er sich rechtfertigen müsse.
Das kaufen ihm nicht alle ab. Seit Jahren gibt es an der FSU die Diskussion, ob man Coriand nicht von öffentlichen Aufträgen ausschließen könne. Das Vergaberecht mache es aber schwer, Unternehmen aufgrund solcher Vorwürfe nicht zu berücksichtigen. Außerdem sei Coriand das einzige Unternehmen, das Umzüge in diesem Maßstab leisten könne, so die offizielle Position der Uni.
Man könne die Firma jedoch über bestimmte Ausführungsbedingungen ausschließen, sagt die Gegenseite. In die Marktlücke würde schnell jemand anderes springen.
Einen Rechtsstreit könnte die Uni dann aber trotzdem noch verlieren. Und an der Schlagzeile: “Uni Jena unterstützt Nazis”, hat niemand Interesse. Deshalb bleibt es beim Alten. Es gibt sogar einen Rahmenvertrag zwischen der Uni und der Firma Coriand, um eine längere Zusammenarbeit zu regeln.
In der OTZ bezeichnen die Coriands die Vorwürfe zum phyletischen Museum derweil als haltlos. Der Kanzler der Uni, Thoralf Held, spricht davon, der Vorgang würde bilateral geklärt werden. Davon hat Bernd Bock wenig mitbekommen: die OTZ fragte nicht an, seine direkten Vorgesetzten konnten wenig helfen und der Uni-Präsident Andreas Marx ließ sich aufgrund der Exzellenz-Strategie entschuldigen. Dem Schreihals soll zwar ein Hausverbot ausgesprochen worden sein, Bock sichtet ihn dann aber trotzdem beim Umzug am Campus.
Der NSU-Vorwurf und der Krabben-Vorfall sind kaum nachweisbar miteinander verknüpft. Doch wirft beides die Frage auf, ob Coriand wirklich das richtige Unternehmen für die Uni ist. Die Ideale der Uni Life, Light und Liberty verlieren jedenfalls ihren Glanz. “Ich sehe davon nicht so viel”, sagt Bock.
Dieser Text erschien in der Ausgabe Nr. 452, November 2025
