Von Mut und Magie

Von Anna-Sophie Heinze



Foto: Anna-Sophie Heinze

Wenn Joan as Police Woman auf die Bühne stöckelt, machen sich unter den Besuchern der Kulturarena Neugier und Verdutztheit breit. Ihre High Heels funkeln wie silberne Christbaumkugeln, ihr Lippenstift ist auf 100 Metern unverkennbar knallrot. Abgesehen davon könnte Joan mit ihrem weißen Overall bestimmt auch ins Weltall fliegen. Noch bevor sie das erste Mal den Mund öffnet, macht sich in zahlreichen Gesichtern des Publikums Unsicherheit breit. Da sind sich wohl einige nicht so ganz im Klaren, wie sie auf diese Erscheinung reagieren sollen. Tausende Augen können nicht mehr wegschauen.
Schon bald wird jedoch deutlich, dass man keine Angst zu haben braucht. Diese Frau versteht sehr viel von dem, was sie tut. Nicht nur in ihrem Auftreten wirkt Joan Wasser nahezu perfekt – auch ihre musikalische Darbietung lässt keine Zweifel aufkommen. Die amerikanische Songwriterin und ausgebildete Violinistin wechselt ständig zwischen E-Gitarre und Piano. Dazu hat ihre Stimme einen hohen Wiedererkennungswert. Unterstützt von Synthesizern und einem Schlagzeug füllt sie die komplette Arena aus – bis hin zu diesem merkwürdigen „Intershop“-Tower, dessen Namensgebung sie sich schwer erklären kann. Abgesehen davon interagiert die Musikerin in den Pausen überdurchschnittlich viel mit dem jungen wie alten Publikum, was sie gleich noch ein bisschen sympathischer macht.
Wer die Musik der in New York lebenden Künstlerin bisher nicht kannte, dem wird sie spätestens ab jetzt wie ein gutwilliger Ohrwurm im Kopf bleiben. Nach vielen Projekten, unter anderem mit keinen Geringeren als Antony and the Johnsons, Rufus Wainwright oder Lou Reed, hat die verführerische Musikerin allen Grund, stolz auf ihr drittes Album zu sein. „The Deep Field“ wurde erst dieses Jahr veröffentlicht und wirkt zuversichtlicher als seine Vorgänger, souveräner und ein bisschen souliger. Joan selbst beschreibt ihre Musik übrigens als „Punk Rock R&B“ – wahrscheinlich macht man das im Weltraum so.


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