Investigativ oder illegal?

Erneute Kontroverse um die interkulturelle Zeitschrift „Unique“

Von Philipp Böhm, Kay Abendroth und Steven Wagner

Berengar Lehr vom Referat gegen Rechtsextremismus während der „Unique“—Debatte. Foto: Christoph Worsch

„Ich als Stura-Vorstand und Redaktionsmitglied fordere Fabian Köhler zum sofortigen Rücktritt auf.“ Dies sagte Christin Penz in der letzten Sturasitzung am 3. November. Der Hörsaal 3 war gut gefüllt, die Stimmung unruhig und gereizt. Zuvor waren lange, aggressive Debatten geführt worden, die trotz des anfänglichen Appells für „Anstand und konstruktives Bestreben“ auf teilweise sehr persönlicher Ebene stattfanden. Es waren Debatten, die ihren Ursprung nicht in diesem Abend hatten.
Eine Woche vorher: Am Montag, den 19. Oktober, geht die Internetseite „nico-packt-aus.tk“ online. Darauf präsentiert die antifaschistische Initiative „Tapferes Schneiderlein – Sieben auf einen Streich“ den gehackten E-Mail-Verkehr des mutmaßlichen Jenaer Neonazis Nico Schneider. Auf der Seite findet sich neben Bildern von rechten Trinkgelagen auch der E-Mail-Austausch mit „Unique“-Chefredakteur Fabian Köhler, der mit Schneider für das „Emil G.“-Interview in der Januarausgabe Kontakt aufnahm.

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Jena, Wien und zurück

Am 17. November startet der nächste Bildungsstreik

Von Marco Fieber

Wenn das mal kein Anreiz ist. Foto: Theresa Griese

Seit drei Wochen ist der Audimax der Wiener Universität fest in studentischer Hand. Noch herrschen in Österreich zwar vergleichsweise „paradiesische“ Zustände, denn in der Alpenrepublik gibt es keine Studiengebühren mehr und die meisten Studiengänge sind zulassungsfrei. Doch natürlich machte der Bologna-Prozess auch dort nicht halt. Dazu kommt, dass ab dem nächsten Semester die erwähnten Freiheiten wegfallen sollen.

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Eine kleine Mitmach-Revolte

Theaterhaus Jena inszeniert den „Dritten Weg“

Von Isabel Schlegel

89er-Retro-Demo auf dem Weg zum Theaterhaus. Foto: Theaterhaus

„Jetzt wird hier 20 Jahre Revolution gefeiert, dabei hat die nie stattgefunden. Die DDR-Bürger haben sie für 100 Mark an Kohl verkauft“, mokiert sich „Bär“, Theaterbesucher und massiger Hüne mit grauem Zottelhaar und Vollbart. Die Utopie des in die Jahre gekommenen Revolutionärs vom freiheitlichen Sozialismus, einem Mix aus Anarchie und Jesus, wurde nie verwirklicht.
Das Theaterhaus Jena will diesen „Dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus nun doch noch wahr werden lassen, der Geist von 1989 soll für einen Abend wiederauferstehen. Dafür wurden 50 Jenaer Oppositionelle interviewt und ihre ganz persönlichen Erinnerungen an den Widerstand gegen das DDR-Regime wortgetreu festgehalten. Aus einigen dieser Einzelschicksale hat das Theaterhaus ein bewegendes Stationentheater gebastelt, das sich über die gesamte Innenstadt erstreckt. Mal ruhig, mal punkig und mal schrill werden darin Menschen vorgestellt, die der Drang nach Veränderung und der Mut, zumindest im Kleinen dafür einzustehen, verbindet.

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(K)ein Hort der Harmonie

Intrigen, Konflikte und Grabenkämpfe an der Uni

Von Philipp Böhm und Matthias Benkenstein

Fotos: Katharina Schmidt

Auf einmal war er weg. Auf der Internetseite des Instituts für Politikwissenschaft stand nur noch: keine Veranstaltungen im Wintersemester 2009/10. Und weiter unten ein kleiner Text, in dem Dr. Christoph Schuck mitteilte, er habe einen Ruf an die Uni Dortmund angenommen. Schon im Sommersemester hatte Schuck in Vorlesungen mehrmals angedeutet, dass er möglicherweise ab Oktober nicht mehr in Jena lehren werde. Einige Politikstudenten setzten sich daraufhin für ihn ein und legten Unterschriftenlisten im Hörsaal aus, um für eine dauerhafte Berufung Schucks zu mobilisieren – vergebens. Gerüchte machten die Runde: Schuck, bei vielen Studenten beliebt, sei Institutskollegen ein Dorn im Auge gewesen und „gegangen worden“.

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Trittmittel

Ein Kommentar zu Institutssprache und Uni-Streitigkeiten

Von Louisa Reichstetter

Zeichnung: Johannes Buchmann

„Wir kennen uns seit zehn Jahren nicht“, sagte Germanistikprofessor Fasbender einst über einen Kollegen. Es ist ein Satz, der den Alltag vieler Professoren illustriert wie kaum ein anderer: Vorne schüttelt man sich freundlich die Hände, hinten tritt man aus wie bockige Paarhufer. Es ist vor allem aber auch ein Satz, der die vier Dimensionen des Schadens offenlegt, den Animositäten und Zerwürfnisse zwischen Lehrenden an der gesamten Universität anrichten können.

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Umstellung verpasst

Falsche Zeugnisse lassen Studenten der FH schlechter wirken

Von Maike Scholz

Foto: Katharina Schmidt

Jeder kennt das Gefühl von Aufregung vor der Zeugnisübergabe. Lange hat man dafür gearbeitet, so manche Nacht gepaukt, um einen guten Abschluss zu erreichen. Nicht zuletzt, um danach auch eine bessere Chance auf dem umkämpften Arbeitsmarkt zu haben. Doch Absolventen der Fachhochschule Jena beschleicht ein dumpfes Gefühl, wenn sie sich an den Blick auf ihr Zeugnis erinnern. Die Zeugnisse wurden nämlich falsch ausgestellt.

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Eine Frage der Einstellung

Blutspenden als Studentenjob

Von Christoph Worsch

Foto: Akrützel-Archiv

Die Blutspende – eine gute Sache. Spenden gegen Geld? Eine umstrittene Praktik, die an fast jeder Blutspendeeinrichtung durchgeführt wird. In Jena gibt es zwei Möglichkeiten, um Blut oder Plasma zu spenden und dafür bezahlt zu werden: zum einen die privatwirtschaftliche Einrichtung „Haema“ in der Goethe-Galerie, zum anderen das Transfusionsinstitut der Uniklinik in der Stoystraße. Auch wenn sich beide Einrichtungen im Kern ähnlich sind, bestehen deutliche Unterschiede.

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Studentenferne Orte

Teil 19: Die „Drogerie Bein“ in der Katharinenstraße

Von Isabella Weigand

Foto: Christian Fleige

An einer der unzähligen einsamen Straßenecken in der Nähe der vielbefahrenen Lutherstraße behauptet sich seit beinahe 25 Jahren ein Mann im knallharten Geschäft der Schönheitspflege. Wacker schwimmt er gegen den großen Mainstream der zungenbrecherischen und absurden Pflegemittelindustrie.
Unscheinbar, aber voll geduldiger Entschlossenheit lugt Manfred Bein auch heute wieder hinter seinem Tresen hervor. Die Lesebrille ist ihm auf die Nasenspitze gerutscht, als er gerade einem seiner Kunden zum Abschied winkt. Bereitwillig schiebt er sie ein Stück höher auf den sicheren Nasenhügel und beginnt zu erzählen: „Die Drogerie habe ich von meinem Großvater übernommen, der führte den Laden schon seit 1928 – vorher war es ein Lebensmittelgeschäft“.

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