Die „American Songbirds“ erkunden die Grenzen des Singer/Songwriter-Tums
von Sandra Vogel
Wie eine schwarze Masse erhebt sich die Bühne im schummrigen Blau des Volksbads. Wo früher platschendes Wasser zu vernehmen war, hallt heute ein gespenstiges „Ave Cuckoo“ von den Wänden wider. Es verkündet den Beginn des Konzertes der American Songbirds.
Wer reisen mit einem Bildungsanspruch verbindet, ist ein Heuchler. Ich fahre ja nicht nach Frankreich, weil ich mich ernsthaft für bekloppte bretonische Schlösser interessiere. Und ich fahre schon gar nicht nach Italien, um noch beklopptere Ruinen zu besichtigen. Todlangweilig!
Wir sind die Neuen überrascht mit guten Pointen und originellen Dialogen
von Bernadette Mittermeier
Einige Trailer schrecken vom Kinobesuch ab. Im Fall von Wir sind die Neuen sind es die nervigen Stereotype: Studierende von heute interessieren sich nur für ihre Noten, die Generationen unserer Eltern und Großeltern dagegen haben auf den Barrikaden gewohnt. Wer sich den Film gestern in der Kulturarena angesehen hat wurde allerdings eines Besseren belehrt.
Ein mehr als 80 Jahre altes Stück über sehr aktuelle Probleme
von Corinna Hofmann
Mit Kasimir und Karoline eröffnete die Kulturarena das Theaterprogramm. Kasimir hat seine Arbeit als Kraftwagenfahrer verloren – er wurde „abgebaut“. Damit scheinen auch sein Selbstverständnis und sein Selbstbewusstsein dahin, er fühlt sich reduziert auf einen „armen Hund“. Seine Verlobte Karoline will das Oktoberfest genießen, Eis essen und Achterbahn fahren. Sie träumt von einem besseren Leben. Darüber kommt es zum Streit. Karoline sucht ihr Glück in einer Beziehung mit einem besser situierten Mann. Kasimir schließt sich Franz an, einem ehemaligen Kollegen mit kriminellen Neigungen, und seiner Freundin Erna, um seinen Kummer im Bier zu ertränken.
Er stellt sich neben mich an die Absperrung vor dem stolzen Gullfoss-Wasserfall, Haukadalur Tal, Island. Seine rechte Augenbraue ist gepierct, er trägt eine signalblaue Jacke aus Ballonseide. Ob ich ein Foto von ihm und dem Wasserfall machen könne, fragt er, hält mir sein Smartphone hin. Ich mache zwei, drei Aufnahmen. Er schaut sie durch, bedankt sich. Ich sehe, er startet einen Upload und beschwert sich, der Internetempfang in Island sei beschissen.
Vom Weltretter-Tourismus und Gutmensch spielen in Ghana
von Christoph Renner
Ich laufe zum ersten Mal durch das kleine ghanaische Dorf mitten im Regenwald, stolziere an den kleinen Wellblechhütten vorbei. Ich strenge mich an, meinem Selbstbild zu entsprechen, das ich mir für Afrika entworfen habe. Pastoral grüße ich jeden, an dem ich vorbeilaufe, mit gehobener Hand und breitem Grinsen wie ein einseitig gelähmter Hampelmann. „Mahaaaaaao“, gröle ich langgezogen, „Guten Tag“ – das einzige Wort, das ich bisher auf Twi kenne. Gut will ich sein, und das sollen auch alle sehen. Offen will ich sein, will zeigen, dass es mir nichts ausmacht, wie sie ohne fließend Wasser zu leben, die Waschstelle ein Bretterverschlag. In vier Monaten will ich daheim sagen können: Diese Zeit hat mich total verändert.
Glaubt man der Bibel, verwirrte Gott vor langer Zeit die Sprache der Menschen, um die Fertigstellung des Turmes von Babel zu verhindern. Die Menschen wollten sich göttergleich in höchste Höhen aufschwingen und einen Turm bauen, dessen Spitze bis zum Himmel reicht. Gott stoppte das Großbauprojekt, indem er seine Schäfchen mit dem Fluch der Vielsprachigkeit belegte. Weil nun keiner mehr den anderen verstand, blieb der Turm ein Traum und die Menschen mussten weiter in der Horizontalen ihr irdisches Dasein fristen.
Gott muss vor kurzer Zeit wieder einen Abstecher zur Erde gemacht haben. Wenn ich mir anhöre, was manche meiner KommilitionInnen in Seminaren erzählen, fühle ich mich in beste babylonische Sprachverwirrungszeiten versetzt.