Radikal vs. pragmatisch

Zwei Meinungen zum Bildungsstreik

Von Philipp Böhm / Johannes Wander

Der Bildungsstreik ist gescheitert. Er ist gescheitert, wenn sich Studenten mit ihren Forderungen auf minimale kosmetische Änderungen an ihrer Hochschule beschränken. Er ist gescheitert, wenn Hörsaalbesetzer auf die „Vernunft“ der Landesregierung und der selbsternannten geistigen Elite vertrauen. Er ist gescheitert, wenn sich die gesamte Bewegung mit ein paar mageren Häppchen wie der Abschaffung der Anwesenheitspflicht abfindet und darüber den Rest der langen Liste vergisst.
Dass einem dynamischen Protest mit halbgaren Vertröstungen die Luft aus den Segeln genommen wird, hat fast schon traurige Tradition in der Bundesrepublik. Der letzte kämpferische Funken in den Protestlern schwindet spätestens, wenn Kultusminister und Hochschulrektoren mit ihrem „Verständnis“ behutsam und sanft den Geist des Aufruhrs niederschlagen. Überhaupt ist „Verständnis“ dieser Tage ein sehr beliebtes Wörtchen, das bei Diskussionen über Bologna-Reform und Hochschulmisere den verschiedenen Anzugträgern über die Lippen kommt: Verständnis für die Kritik, für die Forderungen, manchmal sogar Verständnis für die Besetzung von Hörsälen.
Und bei dem großen Haufen an Verständnis, das ihnen von allen Seiten entgegengebracht wird, bemerken viele der Bildungsstreik-Aktivisten nicht, dass ihr Protest gegen die Wand läuft.

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Hamletine und König Pappkopf

Theaterhaus Jena versucht sich an Shakespeare-Inszenierung

Von Johannes Weiß

Foto: Joachim Dette / Theaterhaus So ein Pappkopf kann ganz schön kuschlig sein.

Man sagt dem Dänenprinzen Hamlet ja gerne nach, dass er vor lauter Nachdenken nicht mehr zum Handeln komme. Nachwuchsregisseurin Alice Buddeberg und das Ensemble des Theaterhauses Jena gehen in ihrer Neuinszenierung von Shakespeares Klassiker lieber den umgekehrten Weg: Jegliche reflektierte Auseinandersetzung mit dem Stoff geht hier in einer Welle von blindem Bühnenaktionismus unter.

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Sind wir jetzt gescheiter(t)?

Die Probleme der Bildungsstreikbewegung

Von Johannes Wander und Philipp Böhm

Der Streik entdeckt neue Fronten. Foto: Katharina Schmidt

Masterstudienplätze für alle, elternunabhängiges Bafög, Reformierung des Bachelorsystems. Schlagwörter, die uns Studenten über das gesamte letzte Jahr begleitet haben. Zu verdanken haben wir das einer Bewegung, die für allerhand Anstoß gesorgt hat: dem Bildungsstreik.
Nachdem im Sommer infolge der Schülerstreiks auch zahlreiche Studenten auf die Straße gegangen waren, um für ein besseres Bildungssystem zu demonstrieren, versammelte sich die Bewegung im Spätherbst erneut, mit ähnlichen Zielen, aber anderen Rahmenbedingungen. Während der Streik im Sommer wenig Resonanz in der Öffentlichkeit gefunden hatte, stieß man im zweiten Anlauf auf eine hellhörig gewordene Presse und Politik. Den bereits einige Tage und Wochen andauernden Besetzungen in Österreich folgte eine Schar von Demonstrationen und Besetzungen der Hörsäle in Deutschland. Hier wurden die letzten Besetzungen vor Silvester aufgelöst, in Österreich wird nach wie vor besetzt.

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Ideen in der Warteschleife

Wie es nach dem Bildungsstreik weitergeht

Von Janina Rottmann

Wohin geht der Bildungsstreik? Foto: Katharina Schmidt

Zu Jahresanfang scheinen sich die Gemüter beruhigt zu haben: Die Bildungsblogger bloggen nicht mehr, die besetzten Hörsäle sind längst wieder frei und viele Studenten konzentrieren sich wie jedes Semester auf die anstehenden Klausuren. Doch die Probleme – die Überbelastung der Studenten, die fehlende Repräsentation studentischer Vertreter in den akademischen Gremien und die mangelnden Kapazitäten an den Hochschulen – bleiben auch im neuen Jahr erhalten.

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Ein Name, fehl am Platz

Ende der Debatte um Reformpädagoge Petersen nicht in Sicht

Von Anne Dünger

Foto: Katharina Schmidt

Der Kulturausschuss der Stadt Jena konnte sich nicht entscheiden: Ist Peter Petersen als Namensgeber eines zentralen Jenaer Platzes vertretbar, oder nicht? Und warum ist die Entscheidung darüber, den Platz umzubenennen, so wichtig für Jena? Die aktuelle Debatte um die Person Peter Petersens erregt seit dem letzten Herbst Aufsehen in ganz Deutschland. Akrützel berichtete über die Studie des Frankfurter Erziehungswissenschaftlers Benjamin Ortmeyer (Ausgabe 272), die unter anderem offenlegt, dass Petersen, dessen „Jenaplan“ zum Erziehungskonzept von Dutzenden Reformschulen weltweit geworden ist, eine durchaus aktive NS-Vergangenheit hat.

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Der kleine große Saal

“Salon der Künste” in der Lutherstraße eröffnet

Von Philipp Böhm

Ein bisschen Boheme muss sein. Foto: Katharina Schmidt

Ganz still und heimlich hat sich abseits des kulturellen Betriebs im Stadtzentrum ein neuer Künstlertreffpunkt etabliert: In der Lutherstraße 7 haben die beiden Künstler Enrico Leimer und Stefan Berke im Herbst letzten Jahres den „Salon der Künste“ eröffnet. Dort hatte sich bereits seit sechs Jahren Leimers offenes Atelier befunden. Mit dem Salon möchten beide nicht nur eine neue Galerie aufbauen und einen Schauraum für Künstler bieten, sondern insgesamt die Jenaer Kunstszene beleben: „Wir haben eine nicht zu unterschätzende Menge an Künstlern in Jena, hier ist ein Haufen Potential vorhanden“, meint Leimer. Eine lebendige Szene gebe es jedoch nicht, was auch daran liege, dass die Räumlichkeiten fehlten. Deshalb soll der Salon der Künste neben den regelmäßigen Ausstellungen vor allem einen Treffpunkt bieten – für Künstler und kreative Köpfe, die hier gepflegten Gedanken- und Erfahrungsaustausch betreiben können.

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